Kurzdefinition:
Leerverkäufe, auch bekannt als Short Selling, sind eine Form des Handels, bei der ein Investor Wertpapiere verkauft, die er nicht besitzt, in der Hoffnung, diese später zu einem niedrigeren Preis zurückzukaufen.
Beschreibung:
Leerverkäufe haben eine einfache, aber gewiefte Logik: Du leihst dir zunächst Aktien von einem Broker und verkaufst sie sofort zum aktuellen Marktpreis. Dein Ziel ist es, die Aktien zu einem späteren Zeitpunkt, wenn der Kurs gefallen ist, zu kaufen und sie zurückzugeben. Die Differenz zwischen dem Verkaufs- und dem Rückkaufpreis ist dein Gewinn.
Um es bildhaft zu machen: Stell dir vor, du leihst dir ein Buch von einem Freund. Du gibst es sofort an jemand anderen weiter und hoffst, dass du es später günstiger zurückkaufen kannst. Wenn alles klappt, kannst du das Buch zurückgeben und dir noch ein paar Euro dazuverdienen.
Wie funktionieren Leerverkäufe?
- Aktien leihen: Der Investor leiht sich die Aktien von einem Finanzinstitut oder einem Broker.
- Verkauf: Er verkauft die geliehenen Aktien auf dem Markt.
- Rückkauf: Wenn der Aktienkurs fällt, kauft er die gleiche Anzahl von Aktien zurück.
- Rückgabe: Schließlich gibt er die geliehenen Aktien zurück und behält die Differenz als Gewinn.
Die Risiken von Leerverkäufen
Leerverkäufe sind nicht ohne Risiko. Der größte Nachteil? Es gibt keine Obergrenze für mögliche Verluste. Wenn der Kurs der Aktie steigt, statt zu fallen, kann das schnell ins Geld gehen. Anders als beim Kauf von Aktien, wo du lediglich dein investiertes Kapital verlieren kannst, steigen deine Verluste theoretisch ins Unendliche, wenn die Aktienpreise explodieren.
Ein bekanntes Zitat von John Maynard Keynes bringt es auf den Punkt: „Die Märkte können länger irrational bleiben, als du zahlungsfähig bleiben kannst.“ Das ist ein eindringlicher Hinweis für jeden, der in diese riskante Handelsstrategie einsteigen möchte.
Rechtliche Bewertung von Leerverkäufen
Leerverkäufe unterliegen in Deutschland und der Europäischen Union strengen regulatorischen Rahmenbedingungen. Die zentrale Regelung findet sich in der EU-Leerverkaufsverordnung (VO) Nr. 236/2012. Diese definiert ausschließlich unter welchen Bedingungen Leerverkäufe rechtlich zulässig sind und legt Regeln für die Transparenz sowie die Überwachung solcher Geschäfte fest.
Ein wichtiger Aspekt dieser Verordnung sind die Verbote für ungedeckte Leerverkäufe. Das bedeutet, dass Investoren Aktien verkaufen, die sie nicht besitzen, und für die sie kein Darlehen zur Verfügung haben. Diese Art des Handels kann als riskant und manipulationsanfällig betrachtet werden. Es gibt spezifische Regelungen, die solche Praktiken regulieren und in kritischen Marktsituationen sogar unter bestimmten Bedingungen verbieten können.
Wichtige Punkte der Regulierung:
- Ungedeckte Leerverkäufe sind in den meisten Fällen untersagt.
- Die Transparenzanforderungen müssen erfüllt werden, was bedeutet, dass Investoren ihre Positionen und Transaktionen melden müssen.
- Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) überwacht die Anwendung dieser Vorschriften in Deutschland.
Leerverkäufe vs. Kauf von Aktien
Während der Kauf von Aktien eine bullishe Strategie darstellt – das bedeutet, du glaubst an steigende Kurse – ist der Leerverkauf das genaue Gegenteil: Du glaubst, dass der Kurs fallen wird. Hier sind ein paar Unterschiede:
- Gewinnstrategie:
- Kauf: Gewinne, wenn der Kurs steigt.
- Leerverkauf: Gewinne, wenn der Kurs fällt.
- Risiken:
- Kauf: Verlust ist auf das investierte Kapital begrenzt.
- Leerverkauf: Potenzielle Verluste sind unbegrenzt.
Zusammenfassung
Leerverkäufe sind eine riskante, aber potentielle Möglichkeit, von fallenden Märkten zu profitieren. Sie drehen die traditionelle Anlagestrategie auf den Kopf und können bei klugem Einsatz interessante Gewinnchancen bieten. Allerdings ist die damit verbundene Gefahr nicht zu unterschätzen. Wer sich auf diesen Weg begibt, sollte sich der Risiken und der strengen rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst sein. Bedenke: Es ist immer ratsam, etwas zu lernen und sich zu informieren – gewissermaßen ein Klischee, das jedoch in der Finanzwelt seine Gültigkeit hat.